10-09-20 - RNZ - Die Stadt erwacht aus dem Sommerschlaf

Kommunalpolitik, kulturelle Glanzlichter und Protestpotential

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Von Brigitte Fritz-Kador

Das 40. Weindorf war am Sonntagabend Geschichte -  nach einem guten Start mit 100 000 Besuchern am ersten Wochenende - wird es wohl nach durchwachsenem Wetter während der Woche bei 250 000 Besuchern bleiben. Ganz so viele werden wohl kaum zum Weinleseauftakt am Samstag, 25. September auf den Wartberg kommen, der, inmitten von Reben gefeiert, mittlerweile das stimmungsvollste Weinfest geworden ist.

Im fliegenden Wechsel zog eine andere Gruppierung auf. Ihre „Musik“ überschritt bewusst die Schmerzgrenze. Das „Aktionsbündnis Energiewende“ lieferte zweimal eine halbe Minuten lang die Kostprobe eines „Schwabenstreiches“ mit Trillerpfeifen, Vuvuzelas und Blechgetrommel a la „Stuttgart 21“. Während zur gleichen Zeit in Berlin über 100 000 gegen die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke protestierten, fanden sich auf dem Kiliansplatz nur etwa 50 „Protestanten“ ein - Promis fehlten.

Wie akut aber das Problem für Heilbronn ist, wurde deutlich gesagt: Nur sieben Kilometer Luftlinie seien es vom Stadtzentrum zu den Kühltürmen von Neckarwestheirn, die „noch viele Jahre ihre radioaktiven Dampfwolken“ ausstoßen werden, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses, und klärte zugleich darüber auf, dass die Castor-Transporte aus Frankreich nach Gorleben auch durch Heilbronn kommen -  ohne Vorwarnung und ohne Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung, im Morgengrauen.

Mit einer Bemerkung hatte der Sprecher gewiß nicht recht: Der Rückkauf von Zeag-Aktien durch die Stadt Heilbronn, womit sie wieder an der Produktion und am Verdienst von Atomstrom beteiligt wäre, findet nicht in Hinterzimmer, sondern ganz offen statt. Denn auch die Kommunalpolitik erwacht wieder aus der Sommerträgheit. Diese Woche ist wieder Gemeinderatssitzung. Da geht es dann auch um den Beteiligungsbericht, d.h., der Bürger erfährt, was und wie viel die Stadt von ihren „Tochterfirmen“ erhält oder zubuttern muss -  und wie sich Aktiengewinne auf den Stadtsäckel auswirken.

Kritische Bemerkungen sind bei der Betrachtung moderner Kunst immer wieder zu hören. Ab dem ersten Oktoberwochenende wird man sehen, was die Schwaben der Region mit Joseph Beuys anzufangen wissen, wenn es zur Eröffnung der Kunsthalle heißt „Beuys für alle“. Dieses Wochenende soll auch ein Kunstwochenende für alle werden. Unter Beteiligung weiterer heimischer Galerien, mit Vorträgen und Aktionen.

Bildunterschrift: Mit diesem Plakat wird gegen den geplanten Aktien-Rückkauf von Zeag-Aktien durch die Stadt Heilbronn protestiert. Sie wäre dann wieder an der Produktion und an den Einnahmen von Atomstrom beteiligt. Foto: Fritz

20.09.2010 - Rhein-Neckar-Zeitung - Ausgabe Sinsheim - Brigitte Fritz-Kador