13-06-17 - Hst - Region Heilbronn - Unsichtbare Gefahr vor Augen geführt

Aktionsbündnis weist auf Folgen eines Super-Gaus hin

Von Juergen Koch und Christian Gleichauf

REGION 10.19 Uhr, Hauptbahnhof Öhringen. Wie es das Evakuierungs-Szenario vorsieht, verlassen die Flüchtlinge die Stadtbahn. Im Bademantel der eine, im Bikini eine andere, jemand im flotten Sommerkleid. Selbst Hund und (Stoff-) Hase fehlen nicht. Der fiktive Störfall hat sie mitten aus dem Alltag gerissen. Orientierungslos in der fremden Stadt, die im Ernstfall alle 7500 Nordheimer aufnehmen soll. „Wo müssen wir denn hin?“, hört man es rufen. Rasch fragen sich die Akteure zum Hafenmarkt durch, wo sie dekontaminiert wer den sollen. Doch dazu kommt es nicht. „Auf nach Norden, Sie müssen weiter, die Wolke ist schon da“, wer den sie von einem der wenigen noch verbliebenen Öhringer empfangen. „Lagezentrum aufgelöst“, „Jod-Tabletten sind aus“ oder „Keine Bustransporte mehr
– rette sich, wer kann“ lesen sie auf Plakaten.

Kleine Gruppe Das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn hat sich einen kleinen Ausschnitt aus dem Katastrophenschutzplan herausgepickt. Sollte das GKN in Neckarwestheim tatsächlich einmal in die Luft fliegen, dann hätten sich an so einem Morgen natürlich mehr als die rund 15 Personen am Nordheimer Bahnhof eingefunden, die nun nach Öhringen gefahren sind. Doch es ist zum Glück kein Ernstfall.

Gottfried May-Stürmer, der die Aktion mitorganisiert hat, möchte die Botschaft transportieren, dass der Katastrophenschutz im Ernstfall nicht funktionieren würde. Wenn im Umfeld des Atomkraftwerks die Menschen ihr Hab und Gut mit dem Auto in Sicherheit bringen wollten, wäre das Chaos programmiert, sind die Aktivisten sicher. „Wir wollen nach wie vor, dass die Atomkraftwerke sofort abgeschaltet werden“, sagt May-Stürmer. Japan habe gezeigt, dass das möglich ist. Dort wurden nach dem Atomunfall von Fukushima mehr als 50 Reaktoren heruntergefahren.

Beobachter In Öhringen mimen am Ende 30 überzeugte Laienschauspieler die Verzweifelten. Während die Gäste im Café am Markt Sekt und Cappuccino schlürfen, informieren die Atomkraftgegner über die Fragwürdigkeit der Evakuierungspläne: „Bei der vorherrschenden Windrichtung müsste man Öhringen selber evakuieren.“

Doch nur wenige Passanten nehmen Notiz von dem fiktiven Ernstfall. Einer davon ist der Öhringer Wolfgang Kern. „Ich finde sehr gut, dass darüber informiert wird“, sagter und verrät, dass er „durchaus Angst hat, dass da mal was passieren kann“. Nach einem Abstecher zum Marktplatz endet die Aktion so symbolisch wie sie begonnen hat. Die „Flüchtlinge“ zeigen, was sie von den amtlichen Katastrophenschutzplänen halten und zerreißen sie demonstrativ.

Kommentar „Wachgehalten“

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16.06.2013 - Heilbronner Stimme - Region Heilbronn  - Juergen Koch und Christian Gleichauf