10-01-22 - Südwest Presse, BZ, RNZ - Protest gegen "Atompoker"

Bei längerer Laufzeit wird der Platz für radioaktiven Abfall knapp

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Heilbronn.  Gegen längeren Betrieb der Kernkraftwerke protestierten Atomgegner in Heilbronn. Wenn die Nuklearmeiler nicht wie geplant abgeschaltet werden, reicht das Zwischenlager für den Müll wohl nicht aus.

Mit dicken Geldbündeln pokern die Manager der Energieversorgungsunternehmen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel um die Verlängerung der Laufzeiten ihrer Kernkraftwerke - so ins Satirische überhöht stellten sich Heilbronner Mitglieder des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) das gestrige Treffen im Kanzleramt vor. "Sicherheit duldet keine Kompromisse", betonten die Atomgegner bei ihrer Aktion, die Verlängerung der Restlaufzeiten dürfe es nicht geben.

Für den BUND sind bei dem "Pokerspiel" die Bedingungen ungleich verteilt. Während die Stromkonzerne "hohe Profite aus abgeschriebenen Altanlagen" zu erwarten hätten, seien "Sicherheit, Leben und Gesundheit" der Einsatz der Bevölkerung, sagte Regionalgeschäftsführer Gottfried May-Stürmer.

Der Neckarwestheimer Bürgermeister Mario Dürr hat zwar nichts einzuwenden gegen den längeren Betrieb der beiden Kraftwerksblöcke GKN I und II. "Probleme haben wir nur mit der Lagerung des radioaktiven Abfalls", sagte Dürr. Das im Oktober 2006 in Betrieb genommene Zwischenlager für 151 Castor-Container sei ausgelegt für die im Atomkonsens ausgehandelten Laufzeiten. Demnach hätte GKN I bereits im Sommer 2009 vom Netz genommen werden müssen, das jüngere GKN II würde nach diesem Ausstiegsplan 2021 als letztes deutsches Atomkraftwerk abgeschaltet. Werde in Neckarwestheim länger Strom produziert, falle auch mehr Atommüll an. "Dann reicht das Lager nicht aus", folgerte der Bürgermeister, "auch wenn bestimmt ein Puffer drin ist." Für seine Gemeinde stehe jedoch fest, dass es keine Vergrößerung des Zwischenlagers geben dürfe. Er erwartet von der Bundesregierung, dass die Erkundung von Gorleben auf Eignung als Endlager abgeschlossen wird. Wenn der dortige Salzstock geeignet sei, müsse auch der Ausbau erfolgen, damit das Depot in Neckarwestheim wie geplant geräumt werden könne.

Dürr pochte auf die Einhaltung der politischen Zusagen, wonach in seiner Gemeinde die Atomkraftwerke gebaut und der Abfall anderswo entsorgt werden. Die Kommune mit 3500 Einwohnern hatte unter dieser Voraussetzung nichts gegen den Bau der Nuklearmeiler in einem früheren Steinbruch am Neckar einzuwenden gehabt.

Für die ausgemusterten Brennelemente waren zwei Stollen - 84 und 90 Meter lang - aus dem Fels gebrochen worden. Das 40 Millionen Euro teure Lager ist gesichert durch anderthalb Meter dicke Stahlbetondecken. Radioaktiver Abfall soll dort höchstens 40 Jahre aufbewahrt werden, wurde 2006 versichert.

22.01.2010 - Südwest Presse, Bietigheimer Zeitung, Rhein-Neckar-Zeitung (Sinsheim-Ausgabe) - Südwestumschau - Hans Georg Frank