11-01-31 - Hst - Stadt Heilbronn - Bürger begehren mehr Mitsprache

Heilbronn Markt der Demokratie mit zehn Gruppen auf dem Kiliansplatz

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Von Kilian Krauth

Mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 wurde der Ruf nach Bürgerbegehren laut. Inzwischen hat er sogar das Jagsttal erreicht, respektive das Bähnle und eine geplante Biogasanlage. In Willsbach soll es wegen einer umstrittenen Supermarkt-Ansiedlung eine Abstimmung geben. Ein Heilbronner Aktionskreis aus zehn Vereinen, Verbänden und Parteien hat am Wochenende den Rückenwind genutzt und auf dem Kiliansplatz einen „Markt der Demokratie“ auf die Beine gestellt: mit Ständen, Prospekten, Postern und mit einem ausrangierten Drahtesel, der etwas verloren an einer Zeltwand lehnte.

Drahtesel „Das ist das Fahrrad der Demokratie,“ wusste DGB-Regionalsekretärin Silke Ortwein. Das Vorderrad stehe gleichsam für Wahlen, das hintere für projektbezogenen Abstimmungen durch das Volk, doch da sei derzeit zu wenig Luft drin. Ganz bewusst wolle man anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl das Thema am Laufen halten. Der DGB fordere, dass gewählte Gremien auf allen Ebenen in Bund, Ländern und Kommunen mit der Möglichkeit von Bürgerentscheiden rechnen müssen und dadurch „sensibler für die Basis werden“.

Susanne Lederer von der Gruppe Heilbronn gegen Stuttgart 21 ist davon überzeugt, dass der Protest gegen das Bahnprojekt ein grundsätzliches Unbehagen breiter Bevölkerungsschichten gegenüber Politikern und Entscheidungsträgern zum Ausdruck bringt. Im Grunde handele es sich aber um den Gipfelpunkt einer schon lange um sich greifenden Entfremdung. Sie führt dies in erster Linie auf mangelhafte Transparenz und „bewusst unterdrückte Informationen“ zurück.

Grünen-Stadtrat Karl-Heinz Kimmerle ist davon überzeugt, dass durch mehr Mitbestimmungsrecht auch der Politiverdrossenheit vorgebeugt werden könnte. „Wir müssen den Begriff wieder positiv besetzen: Politik ist nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes, das den Menschen helfen will.“

„Wir sind nicht gegen bestimmte Dinge, sondern für etwas!“, stellt Gudrun Frank vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) klar. Deshalb müssten über eine offensive Öffentlichkeitsarbeit bei einem Entscheid stets klare Alternativen erarbeitet werden. Frank nennt als Beispiele den Schießstand im Köpfertal und die Frage, ob die Region zur „genfreien Zone“ werden soll. Kimmerle erinnert an die Trassenfrage der Stadtbahn oder den Umbau des Kiliansplatzes. Der Architekt Heiner Jasenek, der zufällig auf den diskussionsfreudigen Markt stößt, nennt Bebauungspläne, die mitunter im stillen Kämmerlein erarbeitet würden.

Ein weites Handlungsfeld sei die Energiepolitik, sagt Christoph Köble vom Aktionsbündnis Energiewende: vom EnBW-Aktiendeal bis zum Atomausstieg. Die Heilbronner Arbeitsloseninitiative, namentlich Alois Muth, fordert eine Volksabstimmung über die Höhe eines menschenwürdigen Existenzminimums, Elke Ehinger vom Sozialforum über Fragen der Daseinsfürsorge: etwa zu Gratisessen an Schulen.

31.01.2011 - Heilbronner Stimme - Stadt Heilbronn - Kilian Krauth