Desertec? Afrikanische Staaten warten nicht

erstellt am: 25.05.2011 • von: Daniel • Kategorie(n): Energiewende, Presse

Für Furore sorgt seit 2009 der Plan einiger deutscher Konzerne, bis 2050 in Nordafrika große Solarkraftwerke zu bauen und damit 15% des Europäischen Strombedarfs zu produzieren.

Der Haken daran: Wenn die Energiewende schnell ablaufen soll bzw. muss – dann geht das nur dezentral, wenn hunderttausende oder gar millionen Menschen weltweit aktiv werden – und nicht durch Konzerne die erstmal darauf warten mĂĽssen, dass ihre alten Kraftwerke abgeschrieben sind. Weil Desertec so umfangreich und kostenintensiv ist, könnte er nur aufgehen, wenn man den Ausbau der Erneuerbaren Energien bei uns willkĂĽrlich stoppen wĂĽrde, so Hermann Scheer 2009 in einem Interview mit dem Manager-Magazin, „Diese Konzerne verfolgen das Ziel, die Strukturen der heutigen Energieversorgung in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien zu verlängern. Desertec bedeutet Strom von einem einzelnen Konsortium, das Produktionsanlagen wie Transportleitungen kontrolliert. Es ist ein Weg, auch Solarstrom unter Monopolbedingungen herzustellen.“

Bis Desertec irgendwann 2050 oder so mal Strom liefern soll warten die afrikanischen Staaten aber nicht. Sie nehmen die Energiewende selbst in die Hand. Heise online schreibt heute:

Noch in diesem Jahrzehnt sollen in Nordafrika Solar- und Windkraftwerke mit tausenden Megawatt Leistung ans Netz gehen. Nach Europa wird dieser Strom allerdings – noch – nicht fließen, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 6/2011 (ab morgen am Kiosk oder ab sofort im heise Shop online zu bestellen).

Marokko, das derzeit noch mit einem Anteil von 97 Prozent am Tropf ausländischer Strom-, Gas- und Ă–llieferanten hängt, will bis 2019 Solarkraftwerke mit 2000 MW Leistung an fĂĽnf Standorten bauen. Die Finanzierung fĂĽr das erste 500-MW-Parabolrinnen-Kraftwerk in Ouarzazate wird vom Clean Technology Fund der Weltbank unterstĂĽtzt. Zusätzlich zu den etwa 9 Milliarden Euro teuren Solarkraftwerken forciert Marokko den Bau von ĂĽber zehn Windparks entlang des Atlas-Gebirges und an der AtlantikkĂĽste. „Mit diesen weiteren 2000 Megawatt wollen wir bis 2020 28 Prozent des marokkanischen Strombedarfs mit Wind und Sonne decken“, sagt Abdellah Griech, verantwortlich fĂĽr erneuerbare Energien beim marokkanischen Energieversorger One.

Fast alle arabischen Staaten können Pilotprojekte oder eine Strategie zum Ausbau der regenerativen Energien vorweisen“, so Hassine Bouzid von der Arabischen Liga. Je größer – wie in Marokko – die Abhängigkeit von Energieimporten ist, desto ambitionierter scheinen die Pläne. So will Jordanien bis 2020 seinen Anteil an grĂĽnem Strom von einem auf 10 Prozent steigern. Mit etwa 600 MW Leistung sollen Windparks in der Ma’an-Region, im Wadi Araba und an weiteren fĂĽnf Standorten die stetig starken Winde im ostjordanischen Bergland und im trockenen SĂĽden des Landes nutzen. Im sonnigen SĂĽdosten ergänzen Solarthermiekraftwerke mit bis zu 300 MW Leistung die Energiestrategie des Staates. Selbst Saudi-Arabien will, statt wie bislang täglich bis zu 800.000 Barrel Ă–l fĂĽr die landeseigene Stromerzeugung zu verfeuern, bis 2030 rund 100 Milliarden Dollar in neue Kraftwerke und Stromleitungen stecken.


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