Energie zu wessen Nutzen?
Beim Thema Energie im Allgemeinen und bei Strom im Speziellen geht es um sehr viel Geld!
Kein Wunder, dass die vier Oligopolisten (es sind nur vier große Stromkonzerne, die sich Deutschland aufgeteilt haben: EnBW, Eon, RWE, Vattenfall) da alles tun, damit ihnen das Geschäft nicht verhagelt wird.
Klar ist, Profite stehen bei Konzernen an erster Stelle, alles Weitere ist nachrangig; auch Menschenleben sind da keine Ausnahme. Das sollte man stets im Hinterkopf haben. Ebenso auch die Ãœberlegung wer einem aus welchem Grunde welche Nachricht gibt; welche Interessen stecken dahinter, dass wir eine Nachricht bekommen?
Die bundesweit in ca. 2.000 Kommunen anstehende Entscheidung, wie weiter mit den Energiekonzessionen (Strom-, Gas- und Wärmenetze) verfahren werden soll, steht auch in Heilbronn an.
Die auslaufenden Konzessionen wurden bereits im Dezember 2010 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Damit hatte es sich auch schon in Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit seitens der Verwaltung.
Von Transparenz gegenüber den Bürgern ist wenig bis nichts zu spüren. Kein Wunder, geht es wie gesagt um sehr viel Geld.
Die Frage, welche Interessen in Heilbronn seitens der „Verwaltung“ verfolgt werden, bleibt der Interpretation des Einzelnen überlassen. Dass sich die „Verwaltung“ aber derart schwer tut, die Bürger, um deren Wohl es ja geht und denen sie dient, ausreichend zu informieren, lässt einigen Interpretationsspielraum. Dass führende Personen der „Verwaltung“ in den Aufsichtsgremien von ZEAG und EnBW Regional AG sitzen, wird ein unbefangenes Herangehen an die Problematik und die anstehenden Entscheidungen auch nicht gerade erleichtern.
Für uns Bürger ist in erster Linie interessant, dass wir eine sichere und unabhängige Energieversorgung bekommen. Nicht die Profite stehen dabei im Vordergrund, sondern unser Gemeinwohl. Gelder, die aus Heilbronn abfließen, stehen nicht zur Querfinanzierung von verlustreichen Bereichen wie z.B. Kindergärten, Freibäder, Theater oder sozialen Leistungen zur Verfügung – es geht also direkt um unsere Lebensqualität.
Lebensqualität steckt aber auch in der gefahrlosen und ökologisch unbedenklichen Anwendung von Technologien. Je schneller wir weg von Risikotechnologien wie der Atomkraft oder fossilen Erzeugungen (Kohle, Gas) hin zur regenerativen, schadlosen Versorgung kommen, desto besser für uns alle.
Dieser Weg ist umso schneller zu vollziehen, je weniger Profitinteressen entgegenwirken.
Die Zeiten zentraler Energieerzeugung sind vorbei. Aber: Vorsicht ist aktuell angebracht – da unter dem Deckmäntelchen der Energiewende seitens der Konzerne versucht wird, sich den Einfluss weiter zu sichern – Strom-Transfertrassen und Groß-Projekte wie Desertec sind da gute Beispiele, wie die großen Oligopolisten weiter versuchen ihre Macht und ihre Profite zu sichern.
In unserem Interesse ist das aber so nicht (Hinterkopf: das Interesse eines Konzerns ist der Profit und nicht das Gemeinwohl). War wir wirklich benötigen ist dezentrale Erzeugung – transparent und kontrolliert in kommunaler Hand. Energiedemokratie!
Aber zurück zum eigentlichen Thema – der Meinungsmache und Lobbyarbeit. Am Montag, 23. Mai, fand in der Nikolaikirche ein energiepolitisches Fachgespräch statt. ZEAG, NHF und Stadtwerke Schwäbisch Hall stellten sich und ihre Vorstellungen zu aktuellem Stand und Zukunft im Bereich Energieversorgung vor. Eine Informationsveranstaltung, die man eigentlich von Seiten unserer „Verwaltung“ erwarten kann, um uns Bürger frühzeitig in einen transparenten Entscheidungsprozess einzubinden.
Davon kann allerdings keine Rede sein. Umso lobenswerter ist es, dass es engagierte Bürger und Organisationen gibt, die im Bündnis Energiewende solche Veranstaltungen ermöglichen und damit dazu beitragen das öffentliche Informationsdefizit zu schmälern.
Das eigentlich erstaunliche an der Veranstaltung (zumindest für mich) war die klare Aussage, dass sich die Stadtwerke Schwäbisch Hall um die Konzession beworben haben und dass sie den Betrieb des Netzes gerne in partnerschaftlicher Kooperation mit den Heilbronner Stadtwerken sicherstellen würden.  Von Seiten der Heilbronner Verwaltung war bisher diesbezüglich kein Sterbenswörtchen nach außen gedrungen.
Damit war das unnötige Schweigen der „Verwaltung“ gebrochen; ob aktiv informiert oder auf Anfrage der Heilbronner Stimme – jedenfalls konnte wenig später in der Heilbronner Stimme gelesen werden, dass es sogar fünf Bewerber um die Konzessionen gibt (auch die Heilbronner Stadtwerke sind dabei), dass der Standortsicherungsvertrag mit der EnBW seitens EnBW (!) nicht verlängert wurde und dass zusätzlich der von der „Verwaltung“ angestrebte Anteilstausch ZEAG HVG (weitere Stärkung des Konzerns EnBW) auf Eis liegt.
Schön, dass wir Bürger informiert werden – allerdings warum schon wieder erst quasi nachdem die Informationen schon bekannt sind? Was ist an diesen Informationen denn so schlimm, dass wir Bürger sie nicht haben sollen? „Keine Angst!“, möchte man da rufen, „Wir können die Wahrheit vertragen!“. Schließlich arbeitet die Verwaltung in Auftrag der Bürger und zum Wohle der Bürger, möchte man meinen. Manchmal haben Einzelne aber wohl eine andere Einstellung zur Sache …
Die Berichterstattung in der örtlichen Presse erweckt zwar den Eindruck, objektiv zu sein, kann aber das Einstreuen von Meinungselementen und Stimmungsmachern wohl nicht lassen.
Bei der objektiven Aufzählung der Möglichkeiten im Rahmen der Konzessionsvergabe taucht dann auch die Ansicht des ZEAG-Geschäftsführers auf –„ Ein Zusammentun von Zeag und Stadtwerke hält der neue Zeag-Vorstand Eckard Veil für die „mit Abstand beste Lösung““.
Ja, selbstverständlich hält er das für die beste Lösung – aus Sicht Geschäftsführung ZEAG eben; das ist ja seine Aufgabe – er muss das so sehen!
Was aber bitte hat diese subjektive und wertende Einfügung in einer objektiven Aufzählung der bestehenden Möglichkeiten zu suchen? Richtig – Nichts!
Da fällt mir das Sprichwort ein: „Wenn man einen Sumpf trocken legen will, darf man nicht die Frösche fragen!“
Aber, damit nicht genug. In seiner 360°-Kolumne meldet sich wenig später noch Chefredakteur Heer zu Wort um die Meinung wieder in die (aus bestimmter Sicht) richtige Bahn zu bringen:
„Zur Energiedebatte gehört der Wunsch vieler Kommunen, die Stromversorgung ihrer Bürger selbst in die Hand zu nehmen. Stuttgart gründet kommunale Stadtwerke, Schwäbisch Hall hat sie längst. Das ist politisch gewünscht und lässt sich gut vermarkten. Allerdings arbeiten viele Stadtwerke, die als Stromanbieter auftreten, defizitär – am Ende bezahlen die Steuerzahler die Zeche. In diesem Verdrängungswettbewerb von Null zu beginnen und neue Kunden zu gewinnen, fällt schwer. Das sollte man in Heilbronn bedenken, wo ähnliche Überlegungen angestellt werden. Macht es nicht Sinn, Aktien vom erfolgreichen kommunalen Energieversorger Zeag zurückzukaufen und gemeinsam mit den Stadtwerken Heilbronn als Energieanbieter aufzutreten? Risikoloser wäre es.“
Herr Heer stellt Behauptungen auf, macht uns Angst und erweckt Befürchtungen:
„Stuttgart gründet kommunale Stadtwerke, Schwäbisch Hall hat sie längst. Das ist politisch gewünscht und lässt sich gut vermarkten.“
Was „politischer Wunsch“ ist mag jeder für sich selbst entscheiden. Was im Interesse der Bürger ist, müssen wir Bürger aber selbst entscheiden dürfen. „Vermarktung“ spielt dann keine Rolle – es geht um unser Gemeinwohl und um die notwendige Transparenz uns gegenüber. Wo, bitte schön, ist beides in Heilbronn?
„Viele Stadtwerke arbeiten mit Verlust und wir Bürger müssen am Ende dafür bezahlen.“
Das ist Quatsch und vor allem nicht verallgemeinerbar. So bieten aktuell gerade in Heilbronn erfahrene Stadtwerke an, ihre Erfahrungen in eine gleichwertige (!) Partnerschaft einzubringen um gemeinsam erfolgreich agieren zu können. Es gibt ausreichend Beispiele, bei denen dadurch die Erträge der Kommune gestärkt wurden was unmittelbar dem Wohl der Bürger nutzt.
„In diesem Verdrängungswettbewerb von Null zu beginnen und neue Kunden zu gewinnen, fällt schwer. Das sollte man in Heilbronn bedenken, wo ähnliche Überlegungen angestellt werden.“
Das wurde in Heilbronn sehr wohl bedacht; zumindest von den interessierten Bürgern und Organisationen. Auch den sich aktuell um die Konzession bewerbenden Stadtwerken ist dieser Aspekt bekannt – sie betreiben das Geschäft ja schließlich schon länger und können und wollen dieses Wissen mit den Heilbronner Stadtwerken teilen. Primär geht es darum, dass in einer Partnerschaft mit anderen Stadtwerken ein gemeinsamer Betrieb gewährleistet ist, bei dem das entsprechende Know-How eingebracht und übergeben wird – anstatt als Kommune weiter in Abhängigkeit eines profitorientierten Unternehmens – und weiter ohne Know-How – zu bleiben.
„Macht es nicht Sinn, Aktien vom erfolgreichen kommunalen Energieversorger Zeag zurückzukaufen und gemeinsam mit den Stadtwerken Heilbronn als Energieanbieter aufzutreten? Risikoloser wäre es.“
Man muss diesen Sinn wirklich erst *machen*, denn es ist von sich aus nicht sinnvoll!
Im Herbst sollen unabhängige Gutachter (Achtung! Es gibt natürlich auch Gutachter, die im Lohnauftrag der Oligopolisten stehen und entsprechende Gefälligkeitsgutachten erstellen) in einem transparenten Verfahren (Wunsch der Energiewende und der Bürger – nicht der Verwaltung) darstellen, welche Möglichkeiten (Vor- und Nachteile) bestehen, damit eine fundierte Entscheidung möglich ist.
Herr Heer erweckt aber schon jetzt den Eindruck, er wüsste bereits, was besser für uns Bürger ist. Woher kann er das wissen? Vom Fach ist er ja nicht. So hat es ihm wohl jemand eingeflüstert? Das wäre nicht schön – und leider auch wenig hilfreich für unser Gemeinwohl.
Wir hoffen auf Besserung. Bis dahin informieren wir in jedem Fall weiter.
(Der Autor: Christoph Köble – engagiert sich außerdem auch im Rahmen von ATTAC für eine ökologisch und sozial verträgliche, globalisierte Welt)