Macht die EnBW die Energiewende?

erstellt am: 04.06.2011 • von: Daniel • Kategorie(n): Energiewende, Konzession, Speicher

Ich möchte hier versuchen die EnBW aus der Perspektive der Energiewende (gemeint als Prozess – nicht das Heilbronner Bündnis) zu betrachten. Der Begriff „Energiewende“ wird sehr unterschiedlich definiert. Das „Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn“ versteht ihn so:

„vollständige Ausrichtung auf eine regenerative und dezentrale Energieversorgung“

„vollständig regenerativ“
Ist vermutlich klar und wird eigentlich von allen Akteuren inzwischen geteilt.

„vollständig dezentral“
Bedarf einer genaueren Betrachtung und wird in der Bedeutung kaum ausreichend öffentlich betrachtet.

Dezentral bedeutet dass die Produktion der Energie
a) in vielen kleinen Anlagen erfolgt und
b) auch im Besitz vieler geschieht

Die Geschwindigkeit mit der die Energiewende in Deutschland in den letzten Jahren ablief, beruht fast ausschließlich auf dem von Hermann Scheer (leider letzten Jahr verstorbener, aber meiner Meinung nach sehr wichtiger SPD-Politiker) initiierten EEG. Das ermöglicht es jeder/m BürgerIn rentabel in erneuerbare Energien zu investieren. Wenn man die Investitionen der 4 großen EVUs und die der BürgerInnen vergleicht stellt man fest, dass die Investitionen der EVUs inzwischen deutlich kleiner als die dezentralen Investitionen sind.

Die Großen EVUs haben in ihren Bilanzen sehr große Werte/stille Reserven in teilweise abgeschriebenen fossilen und atomaren Kraftwerken. Eine Investition in Erneuerbare Energien, kleinräumig und dezentral, ist im Vergleich zu diesen Kraftwerken für die EVUs einerseits aufwändig und andererseits auch wirtschaftlich weniger interessant. Es wird für die 4 Großen zunehmend schwieriger ihre Marktposition zu halten und der Wandel wird immer schneller von statten gehen.

Dadurch dass mit den BürgerInnen jetzt aber andere Akteure in die Energieproduktion einsteigen, ergibt sich für die EVUs mehr und mehr ein Problem:
Sie können ihre bestehenden Kraftwerke nicht mehr optimal betreiben (Grundlastkraftwerke nicht mehr immer, Mittellast nicht mehr lang genug und Spitzenlast zu häufig). Dadurch sinken ihre Gewinnmargen und entsprechend können sie auch immer weniger investieren. Sie verlieren Marktanteile.

Gleichzeitig mit diesem Prozess wächst auf der „Gegenseite“ die Erneuerbare-Energien-Branche. Die kann nur bestehen wenn sie wächst. Sie macht also mehr und mehr Marketing, weitet ihren Vertrieb aus, mischt sich in Wahlkämpfe ein (siehe Landtagswahlkampf in BW) und senkt durch höhere Produktion die Preise und macht so Erneuerbare Energien immer interessanter.

Hermann Scheer beschreibt diesen Prozess (viel ausführlicher als ich gerade) in seinem letzten Buch als „ultimative Beschleunigung“ („Der energethische Imperativ: 100% jetzt: Wie der vollständige Wechsel zu erneuerbaren Energien zu realisieren ist“).

Für RWE, EON und Vattenfall könnte uns das eigentlich egal sein – das ist deren Problem (wobei die Gewerkschaften sich hier auch Gedanken machen müssen). Für die landeseigene EnBW müssen wir uns aber, auf jeden Fall Gedanken darüber machen, welchen zukunftsfähigen Platz es für dieses Unternehmen in einer zukünftig nachhaltigen Energieversorgung gibt.

Für die Entwicklung einer derartigen Strategie ist hier sicherlich nicht genug Raum und Know How vorhanden, aber vor dieser Strategie muss eine Vision unserer zukünftigen Energieversorgung stehen. Z.B. die BMU-Studie „100% erneuerbar“ gibt hierfür fundierte und detaillierte Anhaltspunkte. Rollen eines zentralen landeseigenen Energieversorgers könnten demnach im Bereitstellen und betreiben von großen Speichern, Kraftwerken fürs Lastmanagement, Bereitstellen von Informationen für dezentrale Informationstechnik zur Steuerung der Netze und Dienstleistungen in diesem Sektor sein. Auch zentrale Forschung und Entwicklung und Bereitstellen von Dienstleistungen in diesem Umfeld können das gute Know How der EnBW-Mitarbeiter nutzen.

Ob die EnBW überhaupt einen derartigen Weg gehen will und kann? Auf jeden Fall aber wird die EnBW schrumpfen und anstelle eines zentralen großen alles dominierenden Stromversorgers wird es viele kleine bis mittelgroße Akteure geben – in allen Bereichen der Stromversorgung: Erzeugung und Speicherung, Verteilung und Vertrieb. Ob der Netzbetrieb für die EnBW in einem zunehmend durch Konkurrenz belebten Markt ein zukunftsweisendes Betätigungsfeld bleibt? Das müssen die Kapitalgeber der EnBW entscheiden. Die Strategie der Stadtwerke Schwäbisch Hall – alles aus einer kommunalen Hand – spricht dagegen. Und auch diese Stadtwerke gehören dem Bürger.

Die Kommunen mit ihren kommunalen Stromnetzen stehen vor der Frage ob sie ihre Netze (und damit die sichere Energieversorgung ihrer Bürger) weiterhin an einen Konzern geben, der vor sehr gewaltigen Herausforderungen und einem Schrumpfungsprozess steht. Oder ob sie (wieder) eigene vollständige Stadtwerke gründen. Dann bekommen sie die hoch qualifizierten Mitarbeiter von der EnBW zurück und die Einnahmen aus dem Netzbetrieb sind garantiert (Bundesnetzagentur). Gleichzeitig müssen neue Stadtwerke keine Rücksicht auf die Gewinnspannen von bestehenden konventionellen Kraftwerken nehmen und können mit der starken Kommune im Rücken (und zusammen mit ihren BürgerInnen) zielgerichtete Investitionen in erneuerbare Energien und KWK-Anlagen leisten.

Die ZEAG (als EnBW-Tochter und Stromvertriebsunternehmen) steht vor den selben Herausforderungen. Beispielsweise plant sie in den nächsten 10 Jahren jährlich 10 Millionen in neue Kraftwerke zu investieren. Damit kann sie aber nicht bis spätestens 2022 (wenn die aktuelle Bundesregierung GKN 2 abschaltet) oder sogar früher den bisherigen hohen Atomstromanteil für Heilbronn ersetzen und unsere zukünftige Stromversorgung sicher gewährleisten.

Wir BürgerInnen machen die Energiewende!


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