Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Energiewende abwürgen: Die PV-Einspeisevergütung will er auf 1 GWp Zubau pro Jahr begrenzen und an den AKW-Standorten sollen fossile Kohle- und Gaskraftwerke gebaut werden. Während letzteres schon auf den ersten Blick völliges Kasperletheater ist, soll mit ersterem die Angst vor einer „Deindustrialisierung Deutschlands“ verursacht durch die Energiewende untermauert werden. Dass wir ohne die Erneuerbare Energien ohne Ausweg mit immer teureren Ölpreise kämpfen müssten vergisst Rösler genauso wie die Tatsache dass die stromintensive Industrie in Deutschland im europäischen Vergleich völlig normale Strompreise bezahlen muss – und ab nächstem Jahr sogar zusätzlich fast ganz von der EEG-Umlage befreit wird deshalb steigt sie für Privathaushalte). Dass Schwarz-Gelb die Energiewende nicht ernst meinst zeigt sich daran genau so wie an den geplanten Exportbürgschaften für Atomkraftwerke.
Besonders ärgerlich sind zur Zeit auch die Äußerungen eines „Verbraucherschützers“ Holger Krawinkel. Warum er üble Lügen über mögliche Renditen bei einer von ihm geforderten Einspeisevergütung von 0,15€ verbreitet ist unverständlich (er vergisst wohl Kosten für Versicherungen und Rückstellungen für einen Wechselrichter-Ersatz – und Dachmieten wie sie Bürger-Energie-Genossenschaften). Mit seinen radikalen Forderungen zugunsten der Energie-Monopolisten konnte er sich bereits 2010 bei den Verbraucherzentralen nicht durchsetzen (mehr brim sfv).
Erneuerbare Energien sind keine Preistreiber für Industriestrom
Börsenstrompreis bleibt dank Erneuerbaren Energien stabil, Großabnehmer von EEG-Umlage ausgenommen
Die zunehmende Einspeisung Erneuerbarer Energien ins Stromnetz wirkt sich auf dem Markt preisdämpfend aus. Das macht sich heute schon am Strompreis an der Börse bemerkbar. „Fakt ist, dass seit der Energiewende im Frühjahr die Börsenpreise für Strom stabil sind. Die Tendenz bei den Industriestrompreisen zeigt sogar nach unten“, erklärt der Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien, Philipp Vohrer, anlässlich der Veröffentlichung neuer Marktdaten. Im europäischen Vergleich bewegen sich die deutschen Industriestrompreise im Mittelfeld.
Der Strompreisindex des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) ist in diesem Monat erneut gefallen und liegt erstmals seit dem Atommoratorium im Frühjahr 2011 wieder auf einem Wert von unter 170 Punkten. Gleichzeitig sind aus der Industrie aber immer wieder Klagen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu hören, das den vorrangigen Marktzugang für regenerativen Strom und dessen Vergütungssätze regelt. „Solche Klagen sind wenig nachvollziehbar. Schließlich kommen mit der ab Januar geltenden EEG-Novelle viele weitere Industriebetriebe in den Genuss von EEG-Vergünstigungen“, stellt Vohrer klar. Statt der für Privathaushalte geltenden knapp 3,6 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) wird die Umlage ab dem kommenden Jahr für noch mehr Großabnehmer auf bis zu 0,05 ct/kWh reduziert.
Nach einer Studie des Fraunhofer ISI im Auftrag des Bundesumwelt-ministeriums (BMU) führte Strom aus Erneuerbaren Energien im Jahr 2010 zu einer Absenkung des Börsenstrompreises um gut 0,5 ct/kWh. Bezogen auf den gesamten deutschen Stromverbrauch ergebe sich hieraus eine rechnerische Entlastung in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro, teilte das BMU mit. Damit dürfte laut der Studie die Entlastung für stromintensive Unternehmen in vielen Fällen sogar höher gelegen haben als die Belastung durch die reduzierte EEG-Umlage. Hinzu kommen Steuervergünstigungen für die Industrie. Laut Angaben der Wirtschaftsförderorganisation Germany Trade and Invest (gtai) sind die deutschen Industriestrompreise bei hohem Verbrauch denn auch niedriger als im EU-Mittel – eine Erkenntnis, zu der gtai noch vor den Beschlüssen zu erweiterten Ausnahmen der Industrie bei der EEG-Umlage kam.
Die Vergünstigungen bei der EEG-Umlage gelten ab Januar 2012 nicht wie bisher für knapp 600, sondern schätzungsweise für 6.000 Unternehmen. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die EEG-Umlage in den kommenden Jahren gegenüber dem aktuellen Niveau nicht sinken kann. Die Übertragungsnetzbetreiber haben die EEG-Umlage in einer Mittelfristprognose pro Kilowattstunde auf 3,7 bis 4,7 Cent im Jahr 2013 geschätzt. Ohne die EEG-Ausnahmen für die Industrie hätte die EEG-Umlage nach einer Berechnung für das Bundesumweltministerium in diesem Jahr lediglich bei 3 ct/kWh gelegen, statt bei tatsächlich erreichten 3,5 ct/kWh.
„Es grenzt an gezielte Desinformation, dass die EEG-Umlage immer wieder als Menetekel für eine angebliche Deindustrialisierung Deutschlands strapaziert wird“, so Vohrer. „Vielmehr sind es die Verbraucher und der Mittelstand, die in Deutschland maßgeblich die Energiewende schultern. Und auch hier bleiben die Auswirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien meist überschaubar“, sagt Vohrer. So habe die EEG-Umlage auch 2012 lediglich einen Anteil von 0,3 Prozent an den Ausgaben eines Durchschnittshaushaltes.
Die Kostenkurve bei den Erneuerbaren Energien zeigt zudem nach unten. Mit der zum Jahreswechsel in Kraft tretenden EEG-Novelle werden die Einspeisetarife für wichtige Erneuerbare-Energien-Technologien wie Solarstrom nochmals spürbar abgesenkt. Ab 2016 soll die Durchschnittsvergütung pro Kilowattstunde EEG-Strom laut Prognose der Übertragungsnetzbetreiber dann zurückgehen. Trotz des dynamischen Zubaus an Erneuerbaren Energien werden die Kosten für den umweltfreundlichen Strom für die Verbraucher also in wenigen Jahren sinken. Die energieintensive Wirtschaft profitiert indes schon heute von sinkenden Strombeschaffungskosten, die sich durch das größere Angebot an Erneuerbaren Energien am Markt ergeben.
Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien
[Update:] Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller hat dazu auch eine Pressemitteilung veröffentlicht:
Struktur der Solarförderung muss beibehalten werden
Umweltminister Franz Untersteller: Wirtschaftsminister Rösler will offenbar die Energiewende beerdigenBaden-Württemberg17.11.2011Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller lehnt die Gedankenspiele des FDP-Wirtschaftsministers, Philipp Rösler, die Förderung von Photovoltaikanlagen beim Erreichen einer relativ kleinen jährlichen Zubaurate zu kappen , rundweg ab:
„Damit würden wir das Ende des Ausbaus der Photovoltaik einläuten, jeder, der etwas vom Thema versteht, weiß das!“Die Photovoltaik sei eine in erster Linie eine von Bürgerinnen und Bürgern getragene Form der erneuerbaren Energie, alleine in Baden-Württemberg belaufe sich das Ausbaupotential auf bis zu 1.000 Megawatt jährlich (neu installierte Leistung 2010).
„Wir planen bis 2020 einen Sonnenanteil an der Stromproduktion von über 10 Prozent, das entspricht rund 7 Terrawattstunden/Jahr“, erläuterte Untersteller, „Das funktioniert nur, wenn man die Ausbauanreize nicht willkürlich deckelt, wie Wirtschaftsminister Rösler das offenbar plant!“Die Bundesregierung und die Opposition hätten im Konsens den Atomausstieg und die Energiewende beschlossen. Jetzt sollten CDU und FDP dafür sorgen, dass aus ihren Reihen niemand unbedacht ausschert.
Die Solarförderung besitze bereits einen flexiblen Deckel, der dafür sorgt, dass es nicht zu einer Überförderung kommt. Im kommenden Jahr werde die Förderung deshalb um 15 Prozent gesenkt – und das nicht zum ersten Mal. „Das ist vernünftig, es gleicht die sinkenden Investitionskosten bei der Photovoltaik aus ohne die Anreizfunktion der Förderung zu vernachlässigen und vor allem: die Bürgerinnen und Bürger bleiben im Spiel. Der Vorschlag von Rösler zeige gerade ihnen die rote Karte“, sagte Untersteller.
Der Rösler-Vorschlag gefährdet nach Ansicht des Umweltministers überdies massiv Arbeitsplätze auch und gerade in Baden-Württemberg, wo es neben zahlreichen, zum Teil weltweit agierenden Unternehmen der Solarindustrie auch sehr viele Arbeitsplätze im Handwerk in dieser Branche gebe. „Die Förderung quasi abzuschaffen bedeutet, die Branche zu nachhaltig zu schwächen und damit Arbeitsplätze zu gefährden“, so Untersteller. Er forderte Rösler auf, die Energiewende nicht zu blockieren, sondern sie vielmehr mit guten Vorschlägen voranzutreiben. Das fördere die Wirtschaft, schaffe zukunftssichere Arbeitsplätze und sorge für ökologischen Fortschritt.
Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg