K. Kobayashi: Fukushima-Rundbrief aus Japan

erstellt am: 10.03.2017 • von: Franz • Kategorie(n): Anti-Atom, Fukushima

Fukushima am 16.3.2011Herr Kazuhiko Kobayashi hat auf seinen Vortragsreisen durch Europa bereits zwei Mail in Heilbronn gesprochen und von der Situation in Japan seit Beginn der Katastrophe von Fukushima berichtet, besonders auch von der sehr schweren Lage der aus der Region Fukushima geflĂŒchteten MĂŒtter mit ihren Kindern. Er sammelt weiterhin Spenden zur UnterstĂŒtzung von Hilfsprojekten fĂŒr diese Betroffenen.

Wir dokumentieren seinen aktuellen Rundbrief anlĂ€sslich des 6. Fukushima-Jahrestages. Eine englische Fassung ist ebenfalls verfĂŒgbar. Bei Interesse können wir Kontakt zu ihm herstellen. Bitte beachten Sie unten die Kontodaten fĂŒr Ihre Spende.

Rundschreiben zum 6. Jahrestag Fukushima

Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist wieder der Monat MĂ€rz gekommen und wir stehen kurz vor dem 6. Jahrestag des Fukushima-SuperGAUs.

Am 11. MĂ€rz 2011 ĂŒberfiel ein großes Erdbeben mit der StĂ€rke (Magnitude) Mw9.0 das Nordostgebiet Japans, dessen Epizentrum 70km östlich von der Stadt Sendai im Pazifik lag, zerstörte viele StĂ€dte und der Tsunami riss mit seiner Urgewalt unzĂ€hlige HĂ€user und Menschen tief ins Meer mit. Aber noch die zweite Katastrophe begann bereits am darauf folgenden Tag. Diese Naturgewalt hat schließlich am 12. MĂ€rz den ersten Reaktor des FUKUSHIMA-DAIICHI-Atomkraftwerks, am 14. den dritten und am 15. den vierten jeweils zur Explosion gefĂŒhrt. Infolgedessen wurde neben allen anderen radioaktiven Nukliden z.B. mehr als 300fach radioaktives Caesium als bei dem Atombombenabwurf in Hiroshima in die Luft, in die Erde und ins Meer geschleudert. Aber damit ist es noch lange nicht beendet. Seit der Katastrophe setzt sich die radioaktive Verseuchung ununterbrochen fort, nicht bis heute oder morgen, sondern 10 Jahre, 20 Jahre, 50 Jahre, 100 Jahre und noch weiter.

Es ist unbekannt, wann diese ganzen Verseuchungen zu Ende gehen, wir wissen nur, dass sie ĂŒber Generationen dauern. Sie riechen nicht, sie sind nicht zu sehen und auch nicht zu spĂŒren, aber sie verseuchen ununterbrochen in aller Stille Schritt fĂŒr Schritt unseren Erdboden, unsere Luft und unsere FlĂŒsse und Meere immer weiter, weltweit.

Wir, alle samt unseren unschuldigen Kindern und schließlich sĂ€mtliche Leben auf unserem Planet sind inneren und Ă€ußeren radioaktiven Strahlenexpositionen ausgesetzt. Welches verheerende Unheil!!!

Und diese Katastrophe hÀtte man vermeiden können, wenn die politischen Machthaber und Industrien Japans die Vernunft gehabt hÀtten, in diesem extrem erdbebenbedrohten Land keine Atomkraftwerke zu bauen.

Die ganze PrĂ€fektur Fukushima, sogar auch viele einzelnen Orte in den umgebenden bzw. naheliegenden PrĂ€fekturen sind im Grunde weit höher radioaktiv kontaminiert als der bisher gĂŒltige sogenannte unbedenkliche Sicherheitsgrenzwert von 1 mSv pro Jahr. Nun nennt die Regierung seit geraumer Zeit anstatt 1mSV den 20fach höheren Wert, nĂ€mlich 20mSv pro Jahr als neuen unbedenklichen Wert. Aber selbst dieser Wert wird in vielen Hot Spots in den genannten Gebieten locker ĂŒbertroffen.

Man schĂ€tzt die FlĂŒchtlinge, die seit dem SuperGAU bis jetzt außerhalb der PrĂ€fektur Fukushima geflohen sind, ca. 50,000. Das ist sehr geringe Zahl, wenn man die Bevölkerungszahl 2 Millionen von Fukushima kurz vor dem SuperGAU in den Vergleich zieht.

Ich stelle auch fest, dass die meisten von ihnen die jungen MĂŒtter sind, die ĂŒberdurchschnittliche Schulbildung haben und gewohnt sind, von Fakten ausgehend selbststĂ€ndig und kritisch zu denken und sich nicht von der Propaganda der Regierungsseite beeinflussen zu lassen, und sich entschlossen haben, trotz grĂ¶ĂŸter finanzieller sowie familiĂ€rer und gesellschaftlicher Probleme aus Fukushima zu fliehen, vor allem, um ihre Kinder zu schĂŒtzen.

Und gerade von diesen mutigen und verantwortungsbewussten MĂŒttern sind die meisten am hĂ€rtesten getroffen und von der Öffentlichkeit in Stich gelassen.

Sie leiden heute in großer Armut oft ohne Zukunftsperspektive.

Viele von ihnen mussten alleine fliehen, wĂ€hrend ihre MĂ€nner des Jobs wegen in Fukushima blieben und ihnen von ihrem Verdienst Geld schickten. Aber im Laufe der Zeit hat das lange getrennte Leben sie psychisch und finanziell extrem belastet und schließlich viele von ihnen dazu gefĂŒhrt, dass ihre Ehen kaputt gingen. Dadurch gerieten solche MĂŒtter mit ihren Kindern in hoffnungslose Finanzkrise und starke Depression.

Das ist die Folge der verantwortungslosen, verbrecherischen Atompolitik Japans.

Schließlich haben sowohl die Regierung als auch TEPCO alle diesen FlĂŒchtlingsfamilien, die nicht aus den unmittelbar AKW-nahen 20km-Evakuierungszonen stammen, in keiner Weise finanziell unterstĂŒtzt, obwohl, im Grunde genommen, das ganze Gebiet der PrĂ€fektur Fukushima und auch einige Umgebungsgebiete nach wie vor ĂŒberall unzĂ€hlige sogenannte Hot-Spot-Ecken mit bedrohlich hohen radioaktiven Strahlungswerten haben und daher, kurz gesagt, ohne gesundheitliche Risiken nicht bewohnbar sind.

Das ganze Gebiet Fukushima ist sicher zu wohnen, keine gesundheitlichen Bedenken!!!“ Das ist die tĂ€gliche Propaganda der Regierung mit vollen LĂŒgen.

Die fĂŒr sie unbequemen Wahrheiten werden nach wie vor strikt verheimlicht.

Die meisten unkritischen BĂŒrger in Fukushima wohnen dort und glauben, wie sie vor dem SuperGAU an jene Propaganda „Atomkraftwerke sind 100% sicher und liefern den saubersten und billigsten Strom!!“ geglaubt haben, auch diesmal wieder an die tĂ€gliche Propaganda „Fukushima ist sicher, alle sollen nach Fukushima zurĂŒckkommen!„.

Nun wird auch die fast einzige UnterstĂŒtzung, die die Regierung und die PrĂ€fektur Fukushima bis jetzt diesen geflohenen MĂŒttern und Kindern je nach den UmstĂ€nden gegeben haben, nĂ€mlich ihnen bestimmte Sozialwohnungen in ihrem Wohnort mietfrei zur VerfĂŒgung zu stellen, per Ende MĂ€rz dieses Jahres eingestellt.

Sie sagen nÀmlich: Fukushima sei sicher zu wohnen, also kein Grund zur Flucht. Wenn sie dennoch weiter im Fluchtort bleiben wollten, sollten sie dann ab April entweder die Miete zahlen oder die Wohnung verlassen.

Die FlĂŒchtlinge und BĂŒrgerinitiativen protestieren zwar dagegen und wollen die mietfreien Wohnungen weiterhin beanspruchen. HierfĂŒr besteht aber kaum Chance.

Im Hinblick auf diese schwierigste Lage bitte ich Euch alle ganz herzlich um Eure solidarischen Spenden fĂŒr diese hilflosen MĂŒtter und Kinder.

Kontonummer fĂŒr „Spenden fĂŒr Kinder in Fukushima“
bei Commerzbank Hamburg – Filiale Jungfernstieg
Kontoinhaber: Kazuhiko Kobayashi
Konto Nr.:  0966002101
Bankleitzahl:  200 800 00
IBAN: DE43 2008 0000 0966 0021 01
Bitte, gebt bei der Überweisung „Spenden fĂŒr Kinder in Fukushima“ an!

Tokyo, 6. MĂ€rz 2017

Viele herzliche GrĂŒĂŸe
Kazuhiko Kobayashi“

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„An meinem Lebensabend habe ich nur noch einen Wunsch:
Aus meiner innersten Seele heraus zu sprechen und nach meinem Gewissen
zu handeln fĂŒr die hilflosen, unschuldigen Kinder und fĂŒr unsere einmalig kostbare,
schöne und unersetzbare Erde, die nun weltweit immer mehr verseucht wird und
schweigend um Hilfe ruft.

Kazuhiko Kobayashi“
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English Version: 2017_Some_words_for_the_6th_anniversary_of_the_Fukushima-Disaster


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