Auf der European Network Academy for Social Movements (ENA) von Attac am 11.08.2011 in Freiburg erzählte ein Bewohner aus Fukushima, Herr Seiichi Nakate:
Der Feind ist nicht die Strahlung, sondern die Mächte der systematischen Desinformation!
Unmittelbar nach der Katastrophe von Fukushima gab es tagelang keine Informationen, danach nur vereinzelt und nicht nachvollziehbar, widersprüchlich, z. B. sagte ein Minister 100 millisievert seinen nicht gesundheitsschädlich, ein anderer Behördenvertreter sagte 20 millisievert seien noch o.K.
Am 14.03. wurden in 80 Km Entfernung vom havarierten AKW und dann am 30.04. in 120 Km von Unglücksort stark erhöhte Werte gemessen. Inzwischen ist das Gebiet bis zu 300 Km von Fukushima radioaktiv verseucht.
Am 31.03. wurde ihnen mitgeteilt, dass außerhalb eines Radius von 20 Km die Schulen wieder geöffnet werden.
Inzwischen stand den Bewohnern ein Geigerzähler zur Verfügung und in einer Schule wurden 108,8 millisievert gemessen. Sie informierten die Behörden aber es passierte nichts. Erst nachdem ca. 50 Personen, dabei einige Abgeordnete sich an die Regierung wandten wurden am 07.04. von der Präfektur weiträumig die Schulen untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass 76 % der Schulen so hoch verstrahlt waren, dass ein AKW-Mitarbeiter dort nur noch mit Strahlenschutzanzug hätte arbeiten dürfen. Es war ein Gebiet mit 1,5 Millionen Menschen, davon 300.000 Kinder betroffen.
Am 19.04. sagte der Minister, dass unter 20 millisievert keine Evakuierung erfolge.
Am 01.05. trafen sich 150 Bewohner von Fukushima und gründeten das „Netzwerk zum Schutz der Kinder vor radioaktiver Strahlung“. Die Hauptaufgabe bestand in telefonischer Informationsverbreitung der Strahlenbelastung, ein Web-Blog wurde eingerichtet.
Am 01.06. wurde von der japanischen Regierung das erste mal eine freiwillige Evakuierung von 50.000 Menschen erwogen und weitere 80.000 die nur während der Sommerferien das Gebiet verlassen sollen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Überlebenden in Fukushima und der weiteren Umgebung keine wirkliche Unterstützung bei der Bewältigung der Probleme mit der nuklearen Belastung erhalten haben. Ganz im Gegenteil, durch Ignoranz und offensichtlich gezielter Desinformation und Verharmlosung der Gefahren von radioaktiver Belastung wurden ihnen Steine in den Weg gelegt und ihre Gesundheit und die ihrer Kinder in Gefahr gebracht. Von Regierung, Parteien und TEPCO erfolgte keine Hilfe. Nur durch ihre eigene Vernetzungsinitiative und Herstellung von Öffentlichkeit konnten sie erste, zaghafte Unterstützung erwirken.
Im September ist Reisernte. Da rechnen sie auch mit einer radioaktiven Belastung. Zur Belastung der Meeresfische haben sie keine Information.
Ein andere Japaner, Herr Sho Kasuga vom CDSCD (Center fort he Study of Communication-Design) der Uni Osaka (www.cscd.osaka-u.ac.jp, http://skasuga.talktank.net) zeigte die starken Verfilzungen von Politik und Atomwirtschaft auf. Er sprach von erheblicher beruflicher Benachteiligung von Atomkraftgegnern, von Finanziellen Zuwendungen an die Medien durch die Atomwirtschaft und von Medienkampagnen der Regierung zur Verharmlosung der nuklearen Gefahren z. B. durch einen Zeichentrickfilm in dem ein kleiner Junge namens Pluto die Unschädlichkeit von Plutonium darstellt. http://asienspiegel.ch/2011/03/der-susse-plutonium-junge/
Solche Filme zeigt die Regierung inzwischen nicht mehr.Es gäbe aber auch eine Seite der Anti-Atomkraft-Bewegung Japans: CNIC citizens nuclear info Center (http://cnic.jp/english/newsletter/index.html). In der Bevölkerung Japans wächst die Ablehnung der Atomkraft und das sei eine Chance für soziale Bewegungen. Die Regierung ist über die Atomkraft zerstritten. Japans Problem ist, dass viele AKW´s schon sehr alt sind, wie das in Fukushima. Es wurde auch erwähnt, dass in einem Schnellen Brüter (AKW Monju) waffenfähiges Plutonium hergestellt werden kann.
Es lag eine Unterschriftenaktion aus mit dem Aufruf zur Energiewende, siehe Anhang. Es wäre gut, wenn wir uns mit den Mitstreitern in Japan solidarisch zeigen und einige Unterschriftenlisten sammeln. Scannt bitte die vollen Unterschriftenlisten ein und schickt sie mir. Ich schicke sie dann mit einer kleinen PM gebündelt weiter.
Franz Botens